Sonja Oberem läuft über einen Weg im Park Sonja Oberem läuft über einen Weg im Park
Foto: © Norbert Wilhelmi
Sonja Oberem
01.02.2022
Medizin + Co

Fitter Start ins neue Jahr 2022

Profiläuferin Sonja Oberem im Interview

Redaktion: Jessica Sindermann

Neues Jahr, Neues Glück… neue Vorsätze! Das neue Jahr ist angebrochen und ich wette, jeder von Ihnen hat sich auch in diesem Jahr wieder etwas vorgenommen, das zur Optimierung des eigenen Selbst und Wohlbefinden beitragen soll. Früher aufstehen… gesünder Essen… disziplinierter Arbeiten oder mehr Sport treiben! Vor allem mehr Sport ist ein populärer Vorsatz, denn die zugenommenen Weihnachtspfunde sollen ja schnellstmöglich wieder abtrainiert werden. Auch die Fitnessstudios verzeichnen um diese Jahreszeit einen großen Andrang – denn alle sind motiviert, mit neuen Gewohnheiten in ein neues Jahr 2022 zu starten. Ein optimaler Zeitpunkt also, um mit dem Laufen zu beginnen, finden Sie nicht? Laufen hält fit, verbrennt eine Menge Kalorien und Sie sind an der frischen Luft. Und egal ob in puncto Kalorienverbrauch oder Konditionstraining – als Läufer*in bewegen Sie sich an der vordersten Spitze, denn kein Sport ist effektiver für Ausdauer und Fatburning!

Damit Ihnen in diesem Jahr endlich der perfekte Start ins Lauftraining gelingt, habe ich DIE Mönchengladbacher Laufexpertin zum Interview getroffen: Sonja Oberem. Als ehemalige deutsche Triathletin und Langstreckenläuferin kennt Sie sich auf diesem Gebiet bestens aus und hat in Ihrer Vergangenheit schon so einige Erfolge feiern können. Im Interview spricht die dreifache Juniorenweltmeisterin auf der Triathlon-Kurzdistanz und zweifache Olympionikin über ihren Weg zum Laufsport und gibt wertvolle Tipps für Anfänger*innen!

HINDENBURGER: Wann haben Sie Ihre Begeisterung fürs Laufen entdeckt?

Sonja Oberem: Ursprünglich habe ich eigentlich mit dem Schwimmen angefangen, in einem damals relativ großen Verein hier in Rheydt, der mehrere Sportarten parallel angeboten hat. Auch eine Abteilung für Triathlon war dabei. Als mein damaliger Freund, mit dem ich heute auch verheiratet bin, dann an seinem ersten Triathlon teilnahm, stand für mich schnell fest: Das will ich auch! Also bestritt ich 1989 meinem ersten Triathlon in Duisburg und wurde auf Anhieb Zweite. Erstaunlicherweise war allerdings nicht das Schwimmen meine beste Disziplin, sondern das Laufen. Triathlon machte mir Spaß und ich merkte schnell, dass ich auch gut darin war. Also folgte eine Teilnahme am Mönchengladbacher Triathlon, den ich dann mit einer Laufzeit von 37 Minuten über 10 km ohne großartige Vorbereitung auch gewann. Ab diesem Moment war mir klar, dass das Laufen eigentlich ziemlich gut funktionierte! Obwohl sich meine Triathlongeschichte relativ schnell professionalisierte stellte ich fest, dass das auf Dauer nicht meine Sportart bleiben sollte. Jeder Sportler, der international erfolgreich ist, will bekanntlich auch gerne an den olympischen Spielen teilnehmen. Und so war es bei mir eben auch… Blöd war nur, dass Triathlon zum damaligen Zeitpunkt 1996 leider noch nicht olympisch war, sondern nur Demonstrationssportart und erst ab 2000 ein Bestandteil des Wettkampfprogramms werden sollte. Ein Marathonrennen für Frauen war jedoch vorgesehen. Also überlegte ich mir bereits 1993/94, es vielleicht in einer anderen Sportart zu versuchen. Da war das Laufen natürlich sehr naheliegend, denn das lag mir und bei meinem ersten Berlin Marathon hatte ich damals gleich den zehnten Platz erzielt. Also konzentrierte ich mich ab 1995 in Hinblick auf eine angestrebte Olympiateilnahme ausschließlich auf den Laufsport und so nahm alles dann wortwörtlich seinen „Lauf“.

HINDENBURGER: Wann stand für Sie fest, dass Sie Profisportlerin werden möchten?

Sonja Oberem: Gar nicht tatsächlich. Ich bin in einer Unternehmerfamilie groß geworden und es war eigentlich immer wichtig, etwas „Richtiges“ zu machen. Sport galt damals in diesem Sinne eher als Hobby und war nicht vergleichbar mit einem „richtigen“ Beruf. Dennoch haben mich meine Eltern wirklich sehr unterstützt. Es war ursprünglich nie mein Ziel, sondern vielmehr bin ich da so reingerutscht. Ich denke, man kann das im Sport nicht planen. Man kann keine sportlichen Karrieren so planen, dass man von Anfang an sagt, ich fange jetzt als Kind an und dann werde ich das und dann werde ich das… Da gehören so viele Zufälle dazu und natürlich das nötige Talent. Außerdem muss man das Glück haben, über einen extrem strapazierbaren Körper zu verfügen, der dieser ganzen Belastung auf Dauer standhält. Es ist irgendwann ja so, dass die Trainingsquantität und -intensität gerade im Ausdauersport so hoch ist, dass das nicht mehr vergleichbar ist mit einem Hobbysport. Aber wie gesagt, planbar ist sowas nicht – es hat sich eher so ergeben. Ich ging ja damals noch zur Schule.

HINDENBURGER: Was raten Sie Anfängern für einen erfolgreichen Einstieg ins Lauftraining? Haben Sie da Tipps?

Sonja Oberem: Laufen ist die natürlichste und einfachste Fortbewegungsart, die man sich vorstellen kann. Ich rate ehrlicherweise niemandem, so anzufangen wie ich. Ich bin damals einfach losgerannt, so schnell wie ich konnte, bis es nicht mehr ging und nach höchstens 20 Minuten war ich völlig am Ende. Das habe ich dann eine Woche lang jeden Tag gemacht, bis ich festgestellt habe, dass das vielleicht nicht der beste Weg ist, um besser zu werden und den Spaß daran zu behalten.

Erstmal sollte man auf jeden Fall feste Zeiten fürs Laufen einplanen. Weniger ist da mehr, man sollte sich nicht überlasten und auf jeden Fall immer schauen, dass noch eine vernünftige Atmung möglich ist. Da gibt es auch einen tollen Spruch: „Laufen ohne zu Schnaufen!“ Sodass idealerweise sogar eine Unterhaltung währenddessen möglich ist. Gerade Anfängern empfehle ich, kurze Pausen dazwischen einzulegen – eine Minute laufen, dann wieder gehen, dann wieder eine Minute laufen und so weiter. Auch ein/e Trainingspartner*in ist immer gut, denn das macht das Laufen verbindlich. Gerade jetzt im Winter spielt das Wetter ja nicht immer so mit und da sorgt das gemeinsame Laufen schon mal eher für einen kleinen Motivationsschub. Auch Musik kann wirklich motivierend sein, allerdings nicht zu laut, sodass die Umgebung trotzdem noch ausreichend wahrgenommen wird. Nach und nach sind dann kleine Steigerungen möglich, die gibt einem der Körper aber selber vor. Wichtig ist: Entweder die Länge, oder die Intensität steigern. Aber nicht beides gleichzeitig! Anfangs ist es auch ratsam, auf Pulsuhren und Geschwindigkeitstracker zu verzichten. Einfach den ersten Schritt machen, langsam loslaufen und es probieren. Ganz ohne Stress, niemand ist ZU langsam! Jeder läuft sein eigenes Tempo und das ist vollkommen okay. Wichtig ist doch der Spaß daran, dass man fitter wird oder eben auch je nach Ziel das ein oder andere Kilo verliert. Und ordentliche Schuhe sind natürlich essenziell!

HINDENBURGER: Die richtige Atmung, worauf kommt es da an?

Sonja Oberem: Es ist natürlich immer besser, nicht zu flach zu atmen. Zu kurzes Ein- und Ausatmen ist immer eher schlecht, weil das Zwerchfell das nicht gut verarbeiten kann und die Folge dann häufig Seitenstiche sind. Das ist meistens tatsächlich ein Anfängerfehler, der sich aber von alleine wieder legt. Der Körper merkt, dass er sich eine andere Technik suchen muss. Das lernt man mit der Zeit. Ich würde jetzt gar keine spezielle Atmung empfehlen, da das Atmen an sich ja eine sehr natürliche und lebensnotwendige Maßnahme ist. Je mehr man darauf achtet, umso komplizierter wird es. Einfach laufenlassen, dann ergibt sich von alleine ein individueller Atem- und Bewegungsrhythmus. Einfach den Kopf ausschalten!

HINDENBURGER: Worauf sollte bei der Kleidung geachtet werden, besonders jetzt im Winter?

Sonja Oberem: Gerade jetzt im Winter ist es besser, dünner angezogen zu sein. Anfangs den Eindruck zu haben, etwas zu frösteln, ist nicht verkehrt, auch wenn es zunächst unlogisch erscheint. Man beginnt ja, sich intensiv zu bewegen und schwitzt auf jeden Fall. Da sollte der Körper am besten gleich vor einer Überhitzung bewahrt werden, denn die tut nicht gut. Am besten eignen sich das altbekannte Zwiebelprinzip und atmungsaktive Kleidung. Gerade jetzt im Winter in der Dämmerung ist es zudem wichtig, dass man sichtbar ist. Meist sind in die Winterlaufbekleidung bereits Reflektoren eingebaut, ansonsten helfen aber auch Warnwesten, reflektierende Armbänder etc.

HINDENBURGER: Wie sieht es mit dem richtigen Schuhwerk aus?

Sonja Oberem: Wir laufen unser ganzes Leben lang auf den gleichen Füßen herum, die können wir nicht einfach austauschen und daher ist ein ordentlicher Schuh einfach mit Abstand das Wichtigste! Noch wichtiger als die restliche Kleidung. Ein schlechter Schuh kann nämlich wirklich schaden. Besser ist es daher, sich im Fachgeschäft durch das Personal individuell beraten und eine Laufanalyse durchführen zu lassen. Für alle Laufgruppen vom Anfänger bis zum Profi gibt es da die Möglichkeit, den richtigen Schuh zu finden.

HINDENBURGER: Wie lange sollten Anfänger zwischen den Trainings pausieren?

Sonja Oberem: Definitiv sollten Anfänger nicht jeden Tag laufen, denn das ist der Körper einfach noch nicht gewohnt. Mindestens ein Tag Pause sollte dem Körper zwischen den Einheiten gegönnt werden. Ratsam sind zu Beginn zwei Trainingseinheiten pro Woche. Und besser wird man ja bekanntlich in den Pausen, denn der Körper regeneriert sich und passt sich den neuen Trainingsbedingungen an. Die Zellen erneuern sich und der Stoffwechsel wird angeregt, das passiert alles danach und nicht währenddessen.

HINDENBURGER: Gibt es Tage, an denen auch Sie keine Lust aufs Training haben – und wie motivieren Sie sich dann? Haben Sie Tipps für Einsteiger mit Motivationstief?

Sonja Oberem: Erstmal sollte man wie gesagt feste Zeiten mit sich selbst oder auch mit seinem Laufpartner vereinbaren. Auch Musik hilft auf jeden Fall immer gegen ein Motivationstief. Gute Musik auf die Ohren und dann einfach mal die Erfahrung machen, im Regen zu joggen. Wir sind ja schließlich alle nicht aus Zucker! (lacht) Wenn man dann einmal unterwegs ist, ist man doch immer froh. Und auch danach ist es einfach ein schönes Gefühl wenn man stolz ist, trotz des Wetters und der Dunkelheit draußen gewesen zu sein. Selbst wenn es nur kurz ist! Auch kurze Strecken von 15 Minuten können gerade am Anfang sehr effektiv sein. ZU wenig Zeit gibt es da eigentlich nicht. Am Anfang zählt wirklich jeder Meter und das sollten sich alle Laufanfänger einfach immer vor Augen halten. Als professioneller Athlet ist das natürlich etwas anderes… da ist das Training quasi essenziell. Natürlich gibt es da wie in jedem Job auch Phasen, wo die Motivation geringer ist, aber da muss man dann eben durch.

HINDENBURGER: Liebe Frau Oberem, herzlichen Dank für die Eindrücke in Ihre Laufkarriere und die sportlichen Tipps für unsere Leser*innen! Damit sollte der perfekte Start ins Lauftraining in diesem Jahr auf jeden Fall gelingen!